Mandantenbrief
Wohnungswirtschaft 2/2019
Aktuelles aus dem Steuer- und Wirtschaftsrecht
In eigener Sache
Der Leidensgastronom und seine bösen Gäste
Das Wohnen steht auf der „Maslowschen Bedürfnispyramide“ ganz unten, mit anderen Worten, es ist elementar. Aber – kaum wohnt man, schon fällt einem zuhause die Decke auf den Kopf. Und den Menschen zieht‘s hinaus, etwa in den Wald, ins Fitness-Studio, den Biergarten oder das gute alte Gasthaus.
Um letztgenannte Spezies macht sich der Verfasser dieser Zeilen schon länger ernsthafte Sorgen, zeigt sich diese, zumindest in seiner nordbayerischen Heimat, nicht selten lieb- und trieblos. Bei einer Dienstreise in jene Region kam er an einem dieser besagten „Wirts-häuser“ (mit Hotelbetrieb) vorbei, wobei er mit offenem Mund folgender Inschrift gewahr wurde:
***** Restaurant Öffnungszeiten*****
Täglich von 11.00 Uhr bis 14.00 Uhr
Küche von 11.30 Uhr bis 13.30 Uhr und von 17.00 Uhr bis Feierabend
(spätestens 21.00 Uhr – länger nach Vereinbarung/Feier)
21.00 Uhr aus arbeitsrechtlichen Gründen.
Da wir täglich, 7 Tage pro Woche, ab 6.30 Uhr Frühstück für die Hotelgäste machen müssen (Ruhezeit muss 11 Stunden betragen): Wir sind in X-Stadt die einzigen, die früh, mittags und abends da sind! Mittwoch ist Ruhetag, Sonn- und Feiertag abends geschlossen (außer nach Vereinbarung)
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Des Verfassers Züge formten eine Maske der Entschlossenheit, als er eines Abends -hoch über seinen Schatten springend- einen Be-such dort wagte. Mit Kneifaugen bemaß die von seinem Erscheinen unerbaute Chefin den zeitlichen Schaffenshorizont für eine warme Speise auf „etwa eineinhalb Stunden“, worauf der Störenfried -eine devote Entschuldigungsformel stammelnd – jäh enteilte.
Nie wird er die gebeugte Silhouette des in der Küche vor sich hin brutzelnden (vor, nicht auf dem Herd) Chefs vergessen! Erloschene Züge – eine bratfettumwölkte Jammergestalt. Ersatzweise ging’s dann zu „Kosta‘s“. Der hat einen Ruhetag, sonst ist Remmidemmi bis in die Nacht, Speis und Trank sind vom Feinsten, kommen schneller als der Schall und – Ouzo!
Zur betrieblichen Optimierung und zugleich körperlich-seelischen Entlastung unserer gebeugten Wirtsleut‘ empfiehlt die Betriebswirt-schaft ein passendes Zeitmodell:
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Montag: Ruhetag
Dienstag: zu
Mittwoch: geschlossen
Donnerstag: nicht offen
Freitag: nach Vereinbarung
Samstag: Insolvenzantrag
Sonntag: neuer Pächter gesucht
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Da sich die Aktivitätszustände zwischen Montag und Donnerstag munter kombinieren lassen, gestaltet sich der Plan hochflexibel. Der Freitag ist noch so eine Sache. Obwohl, irgendwie passt das alles trotzdem nicht. Denn da gibt’s ja noch diese penetranten Übernachtungsgäste. Welche sich’s erdreisten, Punkt 6:30 Uhr in Scharen aus ihren Kammern zu strömen um sodann Eier zu köpfen.
Der Gast – Bürde und Last. Und das nicht nur montags, gute Nacht.
Kann ein Wohnungseigentümer vom Verwalter verlangen, eine Liste mit den E-Mail-Adressen der anderen Eigentümer herauszugeben?
(LG Düsseldorf, Urteil vom 4.10.2018)
Unumstritten ist, dass ein Verwalter nicht umhin kommt, eine Eigentümerliste mit ladungsfähigen Anschriften zu führen und bei Bedarf den anfragenden Wohnungseigentümern mitzuteilen. Das ist weder Schikane noch da-tenschutzrechtlich „böse“, sondern resultiert aus der Rechtsnatur der Gemeinschaft und gleichzeitig der Erfordernis einer ordnungsgemäßen Verwaltung. Dass man heutzutage „viel über Email macht“, ist aber noch lange kein Grund, auch noch die E-Mail-Adressen der Miteigentümer herauszugeben. Das Zauberwort lautet „informelle Selbstbestimmung“, da einzelne Eigentümer durchaus daran interessiert sein können, von anderen Miteigentümern nicht per Email heimgesucht (d. Red.) zu werden. Ganz pragmatisch gesehen ergäbe sich ja im Falle einer Herausgabepflicht von E-Mail-Adressen sogar die Verpflichtung des Verwalters, weitere Adressen aktiv zu ermitteln und so die Liste ständig aktuell zu halten.
Aus zwei mach eins – auch im Mietrecht?
(BGH, Beschluss vom 9.1.2019)
Herr und Frau X. besaßen ein Zweifamilienhaus und vermieteten eine der beiden Wohnungen an Frau Y. Wie es sich gehört, trug der Vertrag auf Vermieterseite die Unterschriften beider Eheleute. Später übertrug der Ehemann seinen Miteigentumsanteil an seine Frau, welche sodann als Alleineigentümerin der Mieterin, Frau Y., kündigte und auf Räumung klagte. Frau Y. zog sowohl aus als auch vor Gericht. Die Gretchenfrage lautete nun, wer die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Einfache Antwort: die Ehefrau! Denn sie hätte im Prozess voraussichtlich den Schwarzen Peter in der Hand gehabt. Auch wenn sie Alleineigentümerin gewesen ist, hat dies im Mietverhältnis keine Änderung bewirkt. Das heißt, dass auch der Ehemann der Mieterin Frau Y. hätte kündigen müssen. Die nunmehrige Alleineigentümerin ist weiterhin an den Mietvertrag gebunden und die Mieterin hätte nicht be-fürchten müssen, aufgrund der Eigentumsänderung den Besitz an der Wohnung zu verlieren.
(Anm.: ein nicht ganz überraschungsfreies Urteil, wie wir finden…)
Verwaltungskostenpauschale als Teil der Miete?
(BGH, Urteil vom 19.12.2018)
Bereits die Überschrift mutet schräg an. Im zugrundeliegenden Fall wies ein Mietvertrag eine gesonderte Verwaltungskostenpauschale („z. Zt. € 34,38“) aus. Diese wurde zunächst auch brav bezahlt, dann indes zurückgefordert. Der Ver-mieter argumentierte, die Pauschale sei Teil der Grundmiete, auch wenn sie separat im Vertrag aufgeführt sei. Frechheit siegt nicht immer. Der Vermieter musste die pauschal gezahlten „Verwaltungskosten“ zurückzahlen, da die diesbezügliche Vereinbarung nach § 556 Abs. 4 BGB unwirksam ist. Umlagefähig sind nur Betriebskosten, welche sich abschließend aus dem berühmten Katalog zu § 2 Betriebskostenverordnung ergeben.
Vermieter als schlimmer Finger? „Nichtig“ ist das Zauberwort!
(Landgericht Konstanz, Urteil vom 15.12.2016)
Diesmal war der Mieter brav und stellte entsetzt fest, dass seine Mietzahlungen wegen Steuerschulden des Vermieters gepfändet wurden, der Hausherr bereits wegen Vermögensdelikten der Justiz anheimgefallen war und zu allem Übel auch keine Lust verspürte, die Trennung der Mietkaution von seinem Vermögen nachzuweisen. Kurzum, ein garstiger Unflat, unser Vermieter! Das Gericht gestand dem entgeisterten Mieter daher zu, das Mietverhältnis nicht nur fristlos zu kündigen, sondern von vorneherein als „nichtig“ zu behandeln. Ein nie gewordener Mieter in spe, gewissermaßen… Es passt zwar nicht, aber du, lieber Mieter, kannst ja deinen Unmut äußern (BGH, Urteil vom 16.1.2019) Klingt die Überschrift etwas schräg für Sie? Sie befindet sich in bester Gesellschaft. Der Reihe nach: der Vermieter rechnet die Heizkosten nach der „50-50-Methode“ ab, also zur Hälfte nach Wohnfläche und zur Hälfte nach Verbrauch. Der Mieter meint, 70% Verbrauch und 30 % Wohnfläche sei der zutreffende Maßstab und beruft sich dabei auf § 7 Abs. 1 Nr. 2 HeizKV, welcher seines Erachtens für seine Wohnanlage einschlägig sei. Der Vermieter sieht es anders. Selbst wenn die Vorschrift greife, werde er von seiner bisherigen Praxis nicht abrücken. „Wurschtige“ Betrachtungsweise: soll der Mieter doch einfach von seinem Kürzungsrecht nach § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizKV Gebrauch machen und den nicht verbrauchs-abhängigen Anteil um 15 % kürzen! Nein, so einfach kann sich’s der Hausherr dann doch nicht machen, so der BGH. Denn § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizKV sei hier einfach nicht einschlägig. Der Mieter habe das Recht, einen zutreffenden Abrechnungsschlüssel zu fordern. Zudem er nicht verpflichtet ist, immer wieder eine fehlerhafte Abrechnung entgegenzunehmen und anschließend gegen diese vorzugehen.
Betreutes Wohnen nach dem Studium? Hinter den Kulissen eines Musterlands
(aus: Immobilienzeitung, abgerufen 26.2.2019)
Der Autor dieses interessanten Artikels ist Schwede und verweist auf die Realität in seinem allzu oft als Garten Eden besungenen Heimatland. In Stockholm könne sich jede Person über achtzehn mit schwedischer Aufenthaltserlaubnis registrieren. Man habe dann ungefähr 600.000 Mitstreiter und finde in guten Zentrumslagen bereits nach 20 Jahren die passende Heimstatt. Gut, wer es sich leisten könne, komme zweifelsohne schon viel eher zur passenden Wohnung. Denn gegen rund 15.000 Euro pro Zimmer lasse sich mancher Vormieter zum Auszug bewegen (der Wahrheit erster Teil), „die Neuen“ zahlten aber dann immer noch (zweiter Teil) zwischen sieben und zehn Euro nettokalt. Kein Wunder also, dass der Schwarzmarkt boome. Dieses Trübsal vor Augen, gibt der Autor auch unseren Regierenden die dringende Anregung mit auf den Weg, im Zweifel auf manch regulatorische Dynamik zu verzichten – der Gesundheit des Marktes zuliebe.
Was die Redaktion (in tiefer Hoffnungslosigkeit) an dieser Stelle gerne weitergibt.