Glosse

Voice-Mail-Spamming oder: „Nach dem Wurm ist vor dem Wurm…“

von Werner Augustin

Vermehrt bekommt der Verfasser „Nachrichten“ auf sein Mobiltelefon gesandt. Eine Sprachnachricht sei angekommen. Nein, ausnahmsweise keine „gesmishte“ Paketlieferung!

Um in den Genuss des Genuschels zu kommen, sei ein Link anzuklicken, etwa auf die Seite (gekürzt, Red.) www.t..fanprint.com oder  www.p..lhotel.dp.ua. Hinter der Hauptdomain tummeln sich dann viele kryptische Buchstaben, Ziffern und Zeichen. Ganz, wie es sich für seriöse aber offenbar wohlgehackte Webseiten geziemt…

Der Verfasser wohnte dem Gebimmel mit großem Vergnügen bei. Wir sagen nur „Kind im Manne“ und „Forscherdrang“! Geht da nicht ein Traum in Erfüllung, wenn ich, ganz der Wahrheit verpflichtet, auf sinisteren Pfaden wandle? Was passiert denn, wenn ich die bösen Links anklicke? Endlich durchfährt auch Sie zartes Grauen, oder? Aber – bitte nicht wegen des Smartphones! Nein, da können Sie beruhigt sein. Das gibt‘s nämlich gar nicht. Eher werden Sie sich um den Zeitgeist des Verfassers sorgen. Da selbiger – in der Tat! – kein Smartphone sein Eigen nennt, sondern nur einen alten Seniorenkasten (mit Wurstfingertastatur), welcher seit dem Ableben von UMTS (Juli 2021) bloß noch „2G kann“. Dieser Retrobimmel einen garstigen Trojaner oder Wurm verpassen zu wollen ist genauso sinnlos, wie bei einem Badelatschen nach dem Netzkabel zu fahnden. Nix Internet, nur „Hallo Oma“. Aber bestens geeignet zum Einsammeln teuflischer Links. Lesen ja, anklicken nein. Kannste drücken wie du willst, nada.

Übrigens ist der Verfasser mitnichten ein schrulliger Analogbube. Vielmehr ein großer Freund des Betriebssystems Linux. Und so benutzt er – wenn‘s denn mal zwickt – ein sogenanntes Live-System. Also eine komplette Arbeitsumgebung, etwa auf CD oder USB-Stift. Und die kann Internet! Derweil die Festplatte des Rechners Pause hat. So ein Live-System ist zum Ausprobieren gedacht und hat den Charme, nach dem Runterfahren des Systems wieder „wie neu zu sein“. Ganz getreu dem Motto „nach dem Wurm ist vor dem Wurm“.

Nichts ist daher schöner, als in so einem Live-System mal händereibend auf besagte Seiten zu gehen und zu gucken, was da für ein Schabernack getrieben wird!

In beiden Fällen (oben genannte URLs mit entsprechenden Erweiterungen) wurde – nach epischen Warnungen des Browsers und deren tätiger Missachtung- flugs auf play.google.com weitergelinkt. Also eine klassische Installationsplattform. Zum Glück ist einem Linux-System ein Google-Store so wurscht wie eine Vinylplatte dem mp3-Spieler. Unter Android wär‘ ganz sicher der Punk abgegangen. Zwei Tage später baute der Verfasser eine getunnelte Verbindung zu den beiden Adressen auf. Eine gab vor, gar nicht mehr zu existieren und die andere linkte nicht mehr irgendwohin, sondern ließ sich kreuzbrav aufrufen. Tatsächlich ein Hotel! Zu guter Letzt tauchte – die Tunnel sind auch nicht mehr das, was sie schon einmal waren – gleichsam aus dem Nichts eine IP-Adresse von den Seychellen auf und versprühte reines Strandgefühl.

„Alles fließt“, spricht Heraklit. Wahrscheinlich ist in zwei Wochen, die Ganoven sterben ja nicht aus, eben Apple dran. In vier Wochen Windows und in einem Vierteljahr Linux. Aber dann… hat der Verfasser Urlaub. Seychellen? Warum nicht!

Live is Life!