Glosse

Lasset uns ein Buch verbuchen!

von Werner Augustin

Lasset uns ein Buch verbuchen! (Oder besser nicht?)

Gutenberg heißt er. Johannes. Im Prinzip kann er mit seiner Erfindung als erster Arbeitsrechtler
der aufdämmernden Neuzeit durchgehen, da er das handschreibend‘ Volk von der kritzeligen Hals- und Kreuz-Starre (ja, auch damals hatte man schon „Rücken“) am Schreibpult erlöste. Setzer schoben fortan bleierne Lettern in eine Druckvorlage (schön seitenverkehrt) und hämmerten die verbalen Ergüsse auf geschöpftes Papier. Ihres neuen Glücks gewahr, warfen die gewesenen Schreiberlinge den Federkiel ins Eck und gingen in Altersteilzeit. Das Buch war geboren. Das erste Massenmedium.

Greifen wir uns exemplarisch ein Exemplar heraus. Eines das keine ISBN-Nummer hat.

Nehmen wir an, das Buch, um das es hier fiktiv gehe, sei geschrieben von einem Herrn Coiffeur (Certified Statement Spoofer; CSS) und sei betitelt mit: „DIE SCHÖNSTEN BILANZSKANDALE – Handbuch für Gute und Böse“, erschienen im Reinhau-Verlag. Selbiger für sein aufrüttelnd‘ Schrifttum weithin beliebt. € 89,00. Der Wälzer lande im Fundus eines (gedachten) Unternehmens.

Dessen Internes Kontrollsystem hakt alles ab. So ein Büchlein stellt doch kein Risiko dar! € 89,00, vom Azubi (mit Maske) in bar gelöhnt bei Tralalia, anschließend servil dem Lehrherrn überbracht. „Brav, Schulz.“ Ein grüner Stempel verleiht dem Folianten einen würdigen Platz auf (in) dem Konto 8514 (Sonstige betriebliche Aufwendungen – Fachliteratur). Und im Regal des Gemeinschaftsraums. Und… der Schinken wird gelesen! Vom Generaldirektor über die Prokuristin, den Controller, die Interne Revisorin. Alle schmökern lustvoll darin herum. Sogar Azubi Nummer Zwei nimmt erkennbar Anteil: „Ey fetzt, volle Billantzklatsche! Alter, krass!“

Endlich ist da mal jemand, der in leichtfasslicher Weise erklärt, wie sich eine Bilanz auftoupieren lässt wie die Mutter der Simpsons! Auch Ihre…

Gut. Auch wenn das Werk unter hundert Euro gekostet hat. Auch wenn es Ihnen vorkommt, wie Betriebsausgaben (§ 4 Absatz 4 EStG), welche als den betrieblichen Belangen förderlich gelten. Merken Sie was? Da liegt doch ein Schatten drauf! Unser Generaldirektor ist ein lebenserfahrener Mensch. „8514“ leuchtet vor seinem geistigen Auge wie ein Fanal. Die fuffzehn Millionen Herstellungskosten in seiner Bilanz sind ihm in jenem Moment reichlich Banane. Zu gut weiß er, dass Prüfer oft sehr ins Detail verliebt sein können. Nicht umsonst klappern stets zehn grüne Pillen in seiner linken Hosentasche. Nein, nicht die blauen.

Von quälenden Vorahnungen wird er heimgesucht. Revisionen stehen an! Er weiß genau: dieses Buch…- dieses Buch…die Fragen! Naa? Sind wir wohl ein wenig auf dem Pfade der Untugend unterwegs? Im Kollektiiiv? Bandenmäßig gar? Die Stimmen der Häscher dröhnen lautlos durch sein Ohr. Und so schleicht unser Generaldirektor des Nachts um Vier -Taschenlampe zwischen den Zähnen- durchs Kontor, greift ins Regal und entnimmt zitternd das reichlich abgegriffene Werk. Fahrig entfernt er den Kaugummi (Azubi Zwei‘s) von der Widmungsseite. Auf welcher der Autor sowohl seiner Ehefrau als auch dem inzwischen gekappten Lug-Imperium Leierquark huldigt. Beiden wegen der tollen Frisur. Nun setzt sich Herr Direktor an den Computer. Um halb Fünf. Mit einem Problem. Nein, nicht mit dem Passwort. Das hat er ja (da sein Buchhalter ein Klebezettelmensch ist). Es gilt „8514“ umzubuchen. Nur wohin? In den Orkus? Geht nicht. Daher am besten auf „Instandhaltung-allgemein“. „8000 an 8514“. Ob das reicht? Nein, tut es nicht. Kalter Schweiß perlt auf seiner Stirn.

Nachdem er den Zettel „PasswortMausi69“ wieder unter die Tastatur geschoben hat, tastet er sich auf Zehenspitzen von dannen. Begleitet von der fahlen Sichel des Mondes. In der Hand das umgebuchte Buch. Welches sodann…

Und Sie, liebe Leserin, lieber Leser, sagen bitte nie, Sie hätten diese schrägen Kniffe aus dem Bavaria Treu Newsletter!