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Aufsichtsrat einer kommunalen GmbH: Fachliche Anforderungen

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Der Aufsichtsrat leistet einen wichtigen Beitrag zur Ausrichtung und Stabilität von Gesellschaften, er trägt eine große Mitverantwortung für den dauerhaften Erfolg einer Gesellschaft. Er ist Bindeglied zwischen Gesellschafter und Geschäftsführung und hat bei seiner Tätigkeitbesondere Sorgfaltspflichten umzusetzen.

Einen expliziten Fachkundenachweis sieht das GmbHG nicht explizit für Aufsichtsräte kommunaler Unternehmen vor. Welche Pflichten der Aufsichtsrat hat und, daraus abgeleitet, welche fachlichen Anforderungen sich speziell in der Wohnungswirtschaft für ihn ergeben, wird nachfolgend skizziert.

Neben der Geschäftsführung steht der Aufsichtsrat als dessen Überwachungsorgan. Dieses originär aus dem Aktien- bzw. Genossenschaftsrecht stammende Organ findet sich häufig auch in (kommunalen) Gesellschaften mit beschränkter Haftung wieder. Seine Begründung findet das Organ innerhalb der Genossenschaft bzw. der AG darin, dass den vielfältigen Interessen der Mitglieder bzw. Aktionäre eine sehr starke Stellung des Vorstandes gegenübersteht; dieser leitet die Gesellschaft in eigener, unbeschränkter und unbeschränkbarer Verantwortung. Ein wenig anders stellt sich die Situation zwar innerhalb der GmbH dar: Dort kann der Geschäftsführer durch die Gesellschafterversammlung angewiesen werden. Jedoch stehen hinter den jeweiligen Gesellschaftern in der Regel – vor allem im kommunalen Bereich – juristische Personen, bei denen wiederum Kollektivorgane wie beispielsweise der Stadtrat entscheiden. Und auch dort herrscht regelmäßig ein großer Meinungspluralismus. Der Aufsichtsrat soll daher auch sicherstellen, dass die jeweilige Gesellschaft im Sinne dieser Meinungsvielfalt geleitet wird.

Letztlich spiegelt sich in dieser Meinungsvielfalt auch der zu setzende Rahmen für die Geschäftspolitik des betroffenen Unternehmens wider: Neben der gesetzlich vorgesehenen Überwachung des geschäftsführenden Organs sehen Mustergesellschaftsverträge des GdW für Wohnungsunternehmen die Beratung der Geschäftsführung als wichtige Aufgabe des Aufsichtsrates vor. Dabei kann der Aufsichtsrat insbesondere durch Zustimmungsvorbehalte entscheidenden Einfluss auf die Geschäftspolitik des Unternehmens nehmen.

Aufgaben des Aufsichtsrates und fachliche Anforderungen

Dem Aufsichtsrat kommt wie erläutert die Aufgabe zu, die Geschäftsführung zu überwachen und zu beraten. Dabei gilt als Richtschnur: Das Alltagsgeschäft obliegt dem Geschäftsführer. Überwachungs- und Beratungspflichten ergeben sich insbesondere im Zusammenhang mit strategischen bzw. mit Leitungsmaßnahmen des Geschäftsführers. Diese betreffen z.B. Grundsätze der Unternehmensorganisation, wichtige Einzelfallentscheidungen, die maßgeblichen Einfluss auf die Gesellschaft haben (bspw. Neubauvorhaben, Portfolioerwerb oder die Gründung von Tochterunternehmen). Darüber hinaus hat der Aufsichtsrat den Jahresabschluss zu prüfen und er berichtet der Gesellschafterversammlung im Bericht des Aufsichtsrats.

Eine Totalüberwachung des Geschäftsführers durch den Aufsichtsrat ist gesetzlich jedoch nicht vorgesehen und würde den Haftungsumfang des Aufsichtsrats erhöhen. Auch aus arbeitsökonomischen Gründen ist zu empfehlen, dass Aufsichtsräte sich um das „Grobe und Ganze“ kümmern und nach eigenem Ermessen in Einzelfällen weitergehende Prüfungen vornehmen.

Der Geschäftsführer hat die Pflicht, den Aufsichtsrat über alle Leitungsmaßnahmen so umfassend und regelmäßig zu informieren, dass dieser mit den mitgeteilten Informationen eine hinreichende Entscheidungsgrundlage erhält und seinen Aufgaben nachkommen kann. Die Überprüfung vorgelegter Informationen und Unterlagen ist durch fortlaufende Aufsichtsratsprüfungen zu ausgewählten Unternehmensbereichen, anlassbezogen oder zufällig, zu ergänzen. Der Aufsichtsrat kann die Prüfungshandlungen entweder selbst oder aber durch externe Dritte durchführen. Letzteres bietet sich vor allem bei komplexen Themen an.

Aus dem bislang skizzierten Aufgabenspektrum des Aufsichtsrats stellt sich die Frage, welche fachlichen Anforderungen an das jeweilige Aufsichtsratsorgan selbst sowie an das Gremium insgesamt gestellt werden. Es gibt dabei grundsätzliche Themen bzw. Unterlagen, die jedes Mitglied kennen sollte und Themen, bei denen nicht alle Mitglieder Spezialisten sein müssen, sondern bei denen es ausreicht, wenn ein oder wenige Mitglieder des Gremiums Spezialwissen vorhalten können. Dabei gilt: Je mehr Experten- bzw. Branchenwissen (Sektorkenntnisse) im Aufsichtsrat (ggfs. heterogen über mehrere Köpfe verteilt) vorhanden ist, umso zielgerichteter bzw. effizienter kann die Beratung und Überwachung der Geschäftsführung erfolgen. Dabei kann man zwischen erforderlichen Fachkenntnissen, die den Aufsichtsrat selbst als Organ betreffen, und Fachkenntnissen bzw. Qualifizierungen, welche die Geschäftstätigkeit bzw. die Organisation des Unternehmens betreffen, unterscheiden.

Fachkenntnisse, welche sich auf den Aufsichtsrat als Organ beziehen, sind zunächst vor allem gesellschaftsrechtlicher bzw. kommunalrechtlicher Natur und abhängig von den Gegebenheiten des Einzelfalls, beispielsweise: Wie setzt sich der Aufsichtsrat zusammen? Entsenderechte der Gesellschafter, Wahl und Abberufung der Aufsichtsräte? Wie ist die Vergütung der Aufsichtsräte geregelt und welche steuerlichen Konsequenzen ergeben sich? Abstimmungserfordernisse bei Entscheidungen des Aufsichtsrats mit dem Gesellschafter? Welche Rechte und Pflichten hat der Aufsichtsrat gemäß Gesetz und Gesellschaftsvertrag? Welche Schnittstellen ergeben sich zu anderen (externen) Prüfungsinstanzen, insbesondere zum Abschlussprüfer und zu andern Prüfern, welche Prüfungen für den Aufsichtsrat durchführen?

Erforderliche Anforderungen bzw. Fachkenntnisse, welche die Geschäftstätigkeit oder die Organisation des Unternehmens betreffen, können wie folgt beschrieben werden: Aufsichtsräte sollten sich zunächst ein klares Bild von Art, Umfang und Organisation des Gesellschaftsbetriebs verschaffen: Welchen genauen Zweck verfolgt die Gesellschaft, in welchen Geschäftsfeldern und Regionen ist sie tätig (Hausbewirtschaftung, Bauträger, wirtschaftliche und/oder technische Baubetreuung, WEG-Verwaltung, Stromerzeugung usw.). Wie erfolgreich ist die Gesellschaft? Wie ist die Gesellschaft organisiert, liegt ein Organigramm vor und wird danach gehandelt? Wird über Änderungen berichtet? Welche Schnittstellen zu anderen Institutionen, z.B. der Kommune (Kämmerei, Bauamt, Beteiligungsmanagement), ergeben sich? Sind die wesentlichen Prozesse innerhalb der Gesellschaft vom Management definiert und sehen die Prozesse auch angemessene und wirksame Kontrollen im gesamten Zeitablauf vor? Von grundlegender Bedeutung für Aufsichtsräte ist, ein Verständnis der Funktionsweise bzw. Ausgestaltung aller wesentlichen kontrollrelevanten Überwachungssystme des Unternehmens zu erlangen. Darunter fallen auch Systeme, die darauf abzielen, potenzielle Fehlentwicklungen des Unternehmens aufzuzeigen, z.B. das Planungswesen, Controlling und Risikofrüherkennungssystem, darüber hinaus das Interne Kontrollsystem sowie das Compliance Management System. In vielen Fällen sind diese Systeme IT gestützt, d.h. unabdingbar sind daher auch grundsätzliche Kenntnisse zur IT-Infrastruktur bzw. Kenntnisse über die Ausgestaltung IT gestützter Prozesse des Unternehmens.

Interne Kontrollsysteme

Es obliegt dem Aufsichtsrat, für die skizzierten Fragestellungen ein angemessenes Reporting durch die Geschäftsführung einzufordern, beispielsweise: werden jährlich Wirtschaftspläne vorgelegt? Sind diese in Abhängigkeit des Geschäftsbetriebs des Unternehmens angemessen ausgestaltet und vollständig, d.h. besteht die Planung mindestens aus einer Vermögens- Aufwands- und Ertrags sowie Finanzplanung? Ist die prognostizierte Unternehmensentwicklung plausibel und nachvollziehbar? Stehen die geplanten Maßnahmen in Einklang mit der Unternehmenspolitik und mit Gesellschaftervorgaben? Werden Planabweichungen systematisch untersucht? Hat der Vorstand Risiken für die Gesellschaft definiert und überwacht er diese regelmäßig? Risiken können sich finanziell (z. B. Kapitaldienstbelastung, Eigenkapitalrendite), operativ (z. B. Leerstandsquote, Fluktuationsrate) aber auch abstrakt (z. B. mietrechtliche Rahmenbedingungen, Grundstücksbeschaffung) ausdrücken. In erster Linie erfolgt der Informationsaustausch im Rahmen von gemeinsamen Sitzungen, in denen die Geschäftsführung den Aufsichtsrat in den genannten Bereichen informiert und ggf. entsprechende Beschlüsse einholt. Die Aufbereitung der Informationen, der Umfang und die Intensität der Beratungen sind dabei individuell an die Gegebenheiten der Gesellschaft anzupassen.

Eine Kardinalpflicht des Aufsichtsrates ist die Prüfung des Jahresabschlusses. Hierzu beauftragt der Aufsichtsrat einen Wirtschaftsprüfer, der den Jahresabschluss, den Lagebericht und die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung prüft und darüber schriftlich im Prüfungsbericht und mündlich in der so genannten Bilanzsitzung des Aufsichtsrats berichtet. Dessen ungeachtet hat der Aufsichtsrat das Recht, eigene Prüfungen durchzuführen oder durch beauftragte Dritte durchführen zu lassen. Empfehlenswert ist in Abhängigkeit von der Größe des Unternehmens und der Komplexität der Geschäftstätigkeit, einen mehrjährigen Prüfungsplan zu erstellen und umzusetzen. Darüber hinaus kann die Feststellung des Jahresabschlusses gemäß Gesellschaftsvertrag dem Aufsichtsrat obliegen.

Um diesem breiten Katalog an Anforderungen zur Überwachung und Beratung der Geschäftsführung gerecht zu werden (d.h. insbesondere, um auf „auf Augenhöhe“ mit der Geschäftsführung und dem Abschlussprüfer sprechen zu können), sollten Fachkenntnisse im Aufsichtsrat in folgenden Bereichen vorhanden sein:

  • Kenntnisse im Bereich der Rechnungslegung und Prüfung: Der wirtschaftliche Erfolg oder Misserfolg wird zunächst in der Rechnungslegung ersichtlich. Mittels interner und externer Rechnungslegung ergeben sich Schnittstellen zur Kommunikation nach innen (Kalkulation, Planung, Branchenvergleich) und nach außen (Bilanzveröffentlichung, Steuerbilanz, Handelsbilanz). Darüber hinaus erfolgt die Kommunikation mit dem Abschlussprüfer, der als verlängerter Arm des Aufsichtsrats den Jahresabschluss und den Lagebericht in großen Teilen rechnungslegungs- und kontrollbezogen prüft.
  • Kenntnisse in der Wohnungswirtschaft: Kommunale Wohnungsunternehmen sind im sehr speziellen und öffentlichkeitswirksamen Marktsegment des sozialen Wohnungsbaus tätig und unterliegen im Vergleich zu „herkömmlichen“ Wirtschafts- und Industrieunternehmen besonderen Gesetzmäßigkeiten und Herausforderungen. Eine der elementarsten Herausforderungen ist, den Zielkonflikt zwischen der Zurverfügungstellung preisgünstigem Wohnraums einerseits und der Wahrung einer angemessenen Wirtschaftlichkeit andererseits zu bewerkstelligen. Dazu bedarf es eines grundlegenden Verständnisses des Markts Wohnungswirtschaft, aber auch einer genau definierten und kontinuierlich zu reflektierender und ggfs. anzupassenden Unternehmensstrategie im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und Sozialverträglichkeit. Darüber hinaus beeinflussen neue Themen (bzw. politische Vorgaben des Gesellschafters) auch die Wohnungswirtschaft bzw. die Strategie von Wohnungsunternehmen: Nachhaltigkeit und Co2 Einsparung, Wohnungsunternehmen als Energieerzeuger.
  • Kenntnisse im Bereich des Bauwesens, der Architektur, der Projektsteuerung: In Abhängigkeit vom Umfang der Bautätigkeit des Wohnungsunternehmens
  • Juristische Kenntnisse vor allem im Bereich des Miet-, Gesellschafts- und Baurechts.

Je nachdem, in welchen weiteren Geschäftsfeldern das kommunale Wohnungsunternehmen tätig ist (Bauträger, WEG Verwaltung), können weitere Fachkenntnisse erforderlich oder sinnvoll sein. In vielen Unternehmen bilden sich innerhalb des Aufsichtsrats Ausschüsse, z.B. ein Bau- oder ein Prüfungsausschuss, die dann das Gesamtgremium entlasten und an dieses berichten.

Die Fachkenntnisse können dabei über unterschiedliche Wege erlangt werden: Wenn sich ein Aufsichtsrat neu konstituiert, ist zu empfehlen, dass zunächst das Gremium als Ganzes geschult bzw. informiert wird. Hierzu bieten die Prüfungsverbände diverse Schulungen an, zumeist unterteilt in wirtschaftliche und rechtliche Kenntnisse, über die ein Aufsichtsrat verfügen sollte.

Die fachlichen Anforderungen können einerseits über die hauptberufliche Tätigkeit des Aufsichtsratsmitglied bzw. über in diesem Zusammenhang erlangte Spezialkenntnisse, z.B. in Form eines immobilienwirtschaftlichen Studiums, eingebracht werden. Zum anderen bieten auch hier die Prüfungsverbände diverse Seminare und Weiterbildungsmöglichkeiten an, um die notwendigen Fachkenntnisse zu erlangen oder aufzufrischen.

Dieser Artikel ist Teil einer in Kürze erscheinenden GdW Arbeitshilfe für kommunale Unternehmen.