Glosse

Bolidenschelte und das Mietrecht

von Werner Augustin

Bolidenschelte und das Mietrecht
(inspiriert durch ein Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Harburg, Az: 647 C 96/95)

 Was für ein Bild! Physikalisch durchaus mit einem VW-Käfer verwandt (4 Räder), ist eine Chevrolet Corvette Stingray, vor allem in leuchtendem Rot, der Hingucker schlechthin. Der Verfasser würde in so ein Geschoss vielleicht noch reinkommen, aber nie wieder raus.  Chevys Leistungsdaten sind schon krass. Mit (Baujahr 2020) fast 500 PS kommt er/sie so in 3 Sekunden auf Tempo 100, schluckt im Stadtverkehr nicht einmal 25 Liter Sprit und ist durchweg, vom ADAC als „Schnäppchen *) gepriesen, auch schmalen Geldbörsen zuträglich. So um die 100.000 Euro sind hinzublättern. Na, bevor man Strafzinsen berappt…

Nun werden Sie sich fragen, was Rennautos im Bavaria Treu-Newsletter verloren haben. Zunächst natürlich gar nichts, da wir bekanntermaßen prüfen und beraten und nicht mit 300 Sachen (der Höchstgeschwindigkeit des Boliden) durch die Gegend brettern. (Es sei denn, der Auftrag ist sehr eilig.) Dennoch ist der Bogen zur Wohnungswirtschaft rasch gespannt. Weil in der Tat einmal ein Vermieter so ein Wägelchen besaß. Und da er damit bei seinem Mieter vorfuhr, gab’s gleich mal Punktabzug, zählen doch Neid und Missgunst zu den stabilsten Triebfedern des Menschseins. Wir stellen uns vor wie ein mit gazellenhafter Eleganz aus dem Fahrzeug federnder Vermieter, braungebrannt und grau meliert, Tennisschläger in der Hand, dem Mieter mit jovialem „Tachchen“ eine gesalzene Mieterhöhungserklärung überreicht. Der Mieter kocht, sieht aber davon ab, seinen sportiven Ausbeuter mit dem üblichen Vokabular aus dem Tierreich zu bedenken. Ersatzweise nimmt er sich dessen Auto vor, das er kurzerhand als „Zuhälterwagen“ tituliert. Oh-oh, nicht gut! Nach diesem faux pas kündigte der Dynamische dem sprachlich Entgleisten sogleich das Mietverhältnis. Das letzte Wort hatten die Richter und … hielten dem Mieter die Stange!

Für diesen Wagentyp entspreche, frei formuliert, die Einschätzung des Mieters durchaus der herrschenden Meinung.

Bei so viel glitzerndem Chrom und röhrenden Pferdestärken ist natürlich nicht auszuschließen, dass sich auch unter Richtern ein gewisser Neidfaktor ausbildet… Leiern wir das Kopfkino in die nächste Runde und analysieren wir mit psychologischem Gespür das Fortbewegungsmittel unseres fiktiven Richters. S-Bahn? Fahrrad? Oder gar doch ein Kraftwagen? Allerdings sei er nicht rot, sondern bananengelb. Mercedes 200D, uralt, Diesel, 55 PS, Anhängerkupplung, verrußtes Kennzeichen (vom Land) nebst einer umstrickten Klopapierrolle mit integriertem Wackeldackel. Von Null auf Hundert? Bergab kommt auch das mal vor.

Nun spiele das Leben so richtig. Unser fiktiver Richter sei selbst Vermieter und übergibt das berühmte Schriftstück im Sinne von § 558 BGB. Der erzürnte Mieter haut ihm an den Kopp, bei dem dahergetuckerten Auto handele es sich um eine „rostige Mumienschaukel“, ersatzweise „Bäuerchens bröselnder Heizöltrecker“. Mal schauen, wie unser Held dann reagiert! Sehr wahrscheinlich kündigt er dem Renitenten in wildem Zorn… Um sich vor Gericht wiederzufinden. Als Beklagter!

Wer weiß? Vielleicht darf der Mieter gar in der Wohnung bleiben? Da nicht auszuschließen ist, dass -so die (fiktive!) Richterkollegin mit zuckenden Mundwinkeln- die Einschätzung des Klägers der herrschenden Meinung entspricht…

*) www.adac.de/rund-ums-Fahrzeug/autokatalog/…, abgerufen am 22.9.2021