Glosse
Für-bei?
von Werner Augustin
Hatte man vor zweihundertfünfzig Jahren seinen Unmut noch in filigraner Dezenz kundgetan („Deucht mich, Ihr seid heut‘ gar wunderlich gestimmt?“), bringt man es im Jetzt eher hart auf den Punkt: „Ey krass, Digger, was bist‘n so f…ing uncool!“ Während man sich in der Neuzeit mit dem Smartphone (im Süden auch „Wischkastl“ genannt) kurze Nachrichten schreibt, befüllte man in der Ära Goethe und Schiller kleine Papierfetzen mit kurzen Botschaften, um sie sodann dem Adressaten oder der Adressatin dezent zuzuschieben beziehungsweise gleich in die Hand zu drücken. Eine Mischung aus Newsletter, SMS und Whatsapp, sozusagen, bloß ohne Akku damals.
Am Verfasser selbst sind auch schon ein paar Sprach-Epochen vorbeigezogen. Da es sich bei unserem NEWSLETTER aber um ein ernsthaftes Medium handelt, sei an dieser Stelle auf weiterführende Beispiele verzichtet. Kommen wir zum Kern.
„Für“. Laut Wischkastl handelt es sich bei diesem Wörtchen um eine Präposition. „Für“ legt nahe, „für“ verbindet, überreicht, bereichert, es sei denn, es ist alles für die Katz.
„Bei“. Auch bei diesen drei Buchstaben haben wir es, so will es das Wischkastl, mit einer „Präposition“ zu tun „Bei“ drückt Nähe aus, Verbunden-, auch Geborgenheit, Schutz, kurzum, die Einsamkeit hat keine Chance.
Da der Verfasser, wenn er nicht gerade Glossen schreibt, einem analytisch geprägten Beruf nachgeht, reagiert er auf sprachliche Schieflagen eher ungnädig. Und sofern er nicht gerade von Horden der ein- und ausströmenden Kneipenbesucher niedergewalzt wird oder im allgemeinen Geschrei Stimme und Verstand verliert, trifft man ihn durchaus in Cafés, Bistros und (eher selten in leider meist ruhebetagten) „Wirtshäusern“ an.
Und so endet diese Glosse mit Originaldialogen zwischen dem Verfasser und zwei peppigen, jungen Bedienungen.
Sie (Bedienung 1): „Hat es geschmeckt bei Ihnen?“
Verfasser: „Hallo? Ich sitz hier ganz allein!“
Sie (Bedienung 2): „Zahlen für Sie?“
Verfasser: „Gern! Heute nehm ich mal die ungeraden.“
An dieser Stelle den Bogen zur Wohnungswirtschaft zu spannen, wird schwierig sein. Vielleicht könnte man noch einiges über Gewerbemietverträge erzählen, aber der Verfasser ist kein Jurist und möchte jetzt auch nicht weiter gestört werden.